Rathaus St. Veit/Glan

FR, 25.10. | 19 Uhr

KONZERT 14

Eine versunkene Welt (1922)

Der Stummfilm als Zeitreise und das historische Instrumentarium als Medium für den Versuch, die Zeitlosigkeit der vom Film aufgeworfenen Themen abzubilden.

Florian C. Reithner (*1984), begnadeter Tastenspieler, Komponist und einer der erfahrensten Stummfilmbegleiter, haucht dem österreichischen Filmepos „Eine versunkene Welt“ aus dem Jahr 1922 im Auftrag der trigonale 2024 neues – musikalisches – Leben ein.

Florian C. Reithner – Komposition & Leitung

BELLEVUE STRING QUARTET
Alison Luthmers, Hannah Tibell – Violine
Rastko Roknic – Viola
Judith-Maria Blomsterberg – Cello

Eva Euwe – Violone
Elisa La Marca – Theorbe
Marcus Mohlin – Cembalo, Orgel

Über den Film:
Eine veränderte Welt kann Ergebnis einer politischen Faktenlage sein, aber auch Resultat eines hehren Zieles. Manchmal ruft der Gang der Ereignisse eine Veränderung ins Leben, an deren Zukunft die Beteiligten selbst erst langsam zu glauben beginnen. Und doch erweist sich das Neue als machtvoll, als gemeinschaftsbildend, als Motor einer Entwicklung, die Sozialgefüge, Verhältnisse und Menschen umbaut. Am 12. November 1918, einen Tag nachdem Kaiser Karl auf „jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ verzichtet hatte, wird in der österreichischen Reichshälfte die Republik als Staatsform ausgerufen. Ins Auge gefasst war dieser Staat zunächst von keinem der politischen Lager. Die dokumentarischen Aufnahmen vom 12. November in Wien sprechen allerdings von einer enormen Begeisterung. Die Ringstraße vor dem Parlament quillt über vor Menschen. Sie setzen einen symbolischen Akt: Aus der rot-weiß-roten Österreich-Fahne wird der Mittelteil geschnitten, und ein langes rotes Band flattert im Wind. Idealismus treibt einen Fürstensohn zu seinen Taten. Eingewoben in einen Kokon von Etikette und Prunk, träumt er von einer Welt der Freien und Gleichen. Für die Liebe einer Tänzerin gibt er seine aristokratische Position und sein Erbe auf. Er wagt auf einem Schiff die Verwirklichung seiner Ideen. Im Sozialen sollen alle Klassenunterschiede aufgehoben werden, im Privaten soll allein die Liebe zählen. Die Mannschaft und die Frau legen ihm dies als Schwäche oder (sozial-)romantische Laune aus. Die Frau beginnt eine Affäre mit einem virilen Matrosen, verwirrt die Besatzung.

Die Matrosen denken an ihren persönlichen Vorteil, verlieren eine Verantwortung gegenüber dem Ganzen aus den Augen. Die Auflösung der Hierarchien und die Anwesenheit der Frau führen am Schiff geradewegs in die Anarchie. Der Fürstensohn ist dabei, alle Ideale zu verlieren. Alte und neue Welt sind ihm abhandengekommen. Er zieht einen radikalen Schlussstrich und steuert das Schiff gegen einen Felsen. Die versunkene Welt von Alexander Korda hat im Buch der „L‘Histoire de la Révolution française“ geblättert. Mit dem verbürgten Fall des Fürstensohnes wurde ein weiteres Kapitel geschrieben. Es führte mitten in ein Spinnennetz, in den Untergang. Korda nutzt 1922 die Metapher vom Staatsschiff für einen düsteren, pessimistischen Kommentar. © Elisabeth Büttner, 1961-2016, ab 2007 erste Professorin für Filmtheorie in Österreich

Regie: Alexander Korda
Regieassistenz: Herr Arnold, Karl Hartl
Drehbuch: Alexander Korda (nach dem Roman Serpolette von Ludwig Biro)